In diesem Video möchte ich bewusst machen, dass es für unterschiedliche Problemarten, unterschiedliche Lösungswege gibt. Hier unterscheide ich zwischen komplizierten und komplexen Problem.

Ein kompliziertes Problem ist ein aus vielen nicht trivialen Schritten zusammengesetztes Problem, welches jedoch mit genügend Einarbeitungszeit und Vorbereitung gelöst werden kann. Die Zielvorstellung ist bekannt und verändert sich im Laufe der Zeit nicht. Der Bau einer Uhr ist zum Beispiel ein kompliziertes Problem. Kaum jemand kann ohne Weiteres eine Uhr bauen. Nach eine Einarbeitungszeit oder zumindest einer Befragung von Experten können wir uns aber genug Wissen aneignen, um in der Lage zu sein, einen Bauplan für die Uhr zu erstellen und diesem Bauplan zu folgen.

Aus aktuellem Anlass beschäftigt mich derzeit noch ein anderes Beispiel. Als frischer Hausinhaber stelle ich fest, dass es ein kompliziertes Problem ist, ein neues Haus zu bauen. Beim Bau müssen zwar viele unterschiedliche Disziplinen ineinander greifen, sie müssen zeitlich abgestimmt werden und die Fachexperten müssen genau wissen, was sie da tun. Häufig verläuft ein Hausbau aber so ab, dass der Bauherr ein Haus aus einem Katalog heraussucht und diesen Plan einer Baufirma übergibt, die schon viel Erfahrung mit dem Bau dieser Art Häuser gesammelt hat. Also wird und kann vertraglich festgehalten werden, was bis wann geleistet werden soll. Das Funktioniert.

Auf der anderen Seite haben wir die komplexen Probleme. Diese Probleme sind anders Strukturiert. Hier ist das Ziel nur grob bekannt und auf dem Weg der Lösungserarbeitung können viele diverse Seiteneffekte auftreten, mit denen bei der Planung nicht gerechnet werden konnte. Es ist illusorisch eine genaue Planung im Vorfeld zu erstellen, da diese höchstwahrscheinlich auf dem Weg ohnehin über den Haufen geworfen wird. Ich möchte hiermit natürlich nicht sagen, dass Pläne für die Katz sind, wir sollten planen, aber nicht in aller Ausführlichkeit. Es reicht grobe Ankerpunkte festzuhalten, an denen wir uns entlang hangeln wollen. Die Punkte sollten aber auch selbstverständlich angepasst werden können, sobald sich an unserer Umwelt oder an unserem Ziel etwas ändert.

Unser Haus ist aus dem Jahr 86/87. Meine Frau und ich haben ungefähre Vorstellungen von dem, was wir nach der Umbauphase haben möchten. Im Laufe der Neugestaltung des Badezimmers hat sich herausgestellt, dass es, wie von uns geplant, nicht möglich ist eine spezielle Wand herauszureissen, da während der Abrissmaßnahmen plötzlich ein Träger zum Vorschein getreten ist. Auf diesen neuen Umstand mussten wir reagieren und uns Alternativen überlegen, die immer noch in unsere Zielvorstellung passen. Es liegt in der Natur eines komplexen Problems, dass unvorhergesehene Einflüsse auf unsere Zielvorstellung einwirken. Hier ist es wichtig sich dessen ganz genau bewusst zu sein und die Vorgehensstrategie dementsprechend anzupassen.

Eine detaillierte Planung ist also häufig eher Zeitverschwendung. Wir gehen hier anders vor, und zwar mit sogenannten Überprüfungsschleifen. Wir machen ein Stück, schauen uns die Resultate an und entscheiden basieren darauf, wie die nächsten Schritte auszusehen haben. Welche Arbeiten sind als nächstes wichtig? So nähert man sich Stück für Stück einem akzeptablen Lösungsraum. Es wird nicht die 100% Lösung sein, wohl aber eine Lösung, mit der jeder zufrieden ist, weil Unterwegs die Entscheidungen gemeinsam getroffen wurden.

Mein „rant“ richtet sich nun an große Konzerne, die mit Lösungsstrategien für komplizierte Probleme an komplexe Probleme herantreten. In der Management-Ebene wird der Versuch gestartet eine 100% detaillierte Planung in Form eines Pflichtenheftes zu erstellen, auf die sich der Konzern dann in der gesamten Projektlaufzeit beziehen kann, ohne der Tatsache ins Auge zu blicken, dass sich während der Projektlaufzeit ständig Anforderungen und Gegebenheiten verändern.

Diese vermeintliche Kontrolle im Management board führt dazu, dass Pläne verfälscht werden, nur um nach oben „grünes“ Licht zu spiegeln. Veränderungen an der Planung werden teuer mit „Change Requests“ erkauft. Oder es wird aber am Ende der Planung, des Budgets oder der Zeit festgestellt, dass auf einmal keine Zeit mehr da ist, um sich um die Qualität des Produktes zu kümmern. Aber das ist ein Thema für einen anderen Beitrag.

Bis dann.

Kategorien: Agile

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